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Briefing | Update der RTS und To Do’s für 2022

Geschrieben von YPOG | 31. Januar 2022

Überblick

Seit dem 1. Januar 2022 gilt die Taxonomie-Verordnung ((EU) 2020/852, die „Taxonomie“) für die Umweltziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, die neben die bereits anzuwendende Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation (EU) 2019/2088, die „SFDR“) tritt und die europäischen Vorgaben zur nachhaltigkeitsbezogenen Transparenz im Finanzsektor auf Verordnungsebene vorerst komplettiert. Die Taxonomie statuiert dabei ein Klassifizierungssystem zur Bestimmung, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist und ergänzt die Offenlegungspflichten, die sich bereits seit März 2021 aus der SFDR ergeben.

Zuletzt hatte die Europäische Kommission am 26. Juli 2021 eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie Fragen zum Anwendungsbereich und zur Produkteinstufung nach der SFDR klärte (die „Kommissionsentscheidung“, siehe hierzu vorangegangenes YPOG Briefing). Nun haben Ende Oktober 2021 die Europäischen Aufsichtsbehörden eine überarbeitete Entwurfsfassung der Regulatory Technical Standards (die „neuen RTS“) herausgegeben. Hierbei handelt es sich um Rechtsakte, die die SFDR und die Taxonomie auf zweiter Regelungsebene konkretisieren und den Finanzmarktteilnehmern (für die Zwecke dieses Briefings berücksichtigen wir nur VC- und PE-Manager) genauere Vorgaben zur Umsetzung ihrer Pflichten machen. Die neuen RTS ersetzen den ersten Entwurf aus Februar 2021 und beziehen sich nicht mehr nur auf die Pflichten nach der SFDR, sondern auch auf die nach der Taxonomie. Sie beinhalten auch eine Anpassung der Anlagen, die die zwingenden Vorlagen zur Offenlegung in vorvertraglichen Informationen und regelmäßigen Berichten für Art. 8 und Art. 9 SFDR Produkte enthalten und die nun auch die Pflichten aus Art. 5 und Art. 6 Taxonomie abbilden.

Der Beginn der Anwendbarkeit der Regulatory Technical Standards wurde bereits im Sommer 2021 einmal verschoben. Erneut hat die Europäische Kommission den Anwendungsbeginn nun um ein weiteres halbes Jahr nach hinten verlegt, sodass die neuen RTS nach jetzigem Stand ab 1. Januar 2023 gelten. Das bedeutet, dass verbindliche Vorgaben zur Art und Weise der Darstellung der verpflichtenden Offenlegungen auch im Jahr 2022 nicht zur Verfügung stehen. Dennoch werden bereits jetzt die neuen RTS von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (die „BaFin“) bei der Auslegung der SFDR und der Taxonomie herangezogen, weshalb es sich – insbesondere auch mit Blick auf die nunmehr geltende Taxonomie – empfiehlt, eventuell notwendige Anpassungen vorzunehmen. Gleichzeitig ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die neuen RTS noch formell von der Europäischen Kommission verabschiedet werden müssen und dass erneute Änderungen nicht ausgeschlossen sind.

Die wichtigsten Punkte und To Do’s mit Blick auf den Jahreswechsel haben wir im Folgenden zusammengefasst:

 

1. To Do’s für Art. 8 SFDR Produkte 

In der Kommissionsentscheidung wurde klargestellt, dass in der Regel bereits die typischen Investitionsausschlüsse in der Fondsdokumentation ausreichen, um davon auszugehen, dass ein Produkt ökologische oder soziale Merkmale bewirbt und somit Art. 8 SFDR unterfällt. Für solche Art. 8 SFDR Produkte werden ab 1. Januar 2022 durch Art. 6 i.V.m. Art. 5 Taxonomie weitere Offenlegungen in regelmäßigen Berichten sowie in vorvertraglichen Informationen erforderlich.

Für die regelmäßigen Berichte beginnt der Berichtszeitraum frühestens am 1. Januar 2022, sodass die Erstellung des ersten Berichts erst 2023 anfällt.

Anderes gilt für die vorvertraglichen Informationen:

Nach Art. 6 S. 1 i.V.m. Art. 5 a) Taxonomie sind hier Informationen über die Umweltziele anzugeben, zu deren Erreichung die dem Produkt zugrunde liegenden Investitionen beitragen. Nach Art. 6 S. 1 i.V.m. Art. 5 b) Taxonomie ist außerdem eine Beschreibung dahingehend aufzunehmen, in welchem Umfang die zugrunde liegenden Investitionen solche in ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten sind.

Die Umweltziele werden definiert in Art. 9 bis Art. 15 Taxonomie, wobei ab Januar 2022 zunächst nur zwei der insgesamt sechs Ziele Anwendung finden (Art. 27 Abs. 2 Taxonomie). Die Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten lassen sich Art. 3 Taxonomie sowie den umfassenden technischen Bewertungskriterien für die einzelnen Umweltziele entnehmen. Da die vorvertraglichen Informationen, anders als die regelmäßigen Berichte, zu einem Zeitpunkt erstellt und offengelegt werden, zu dem das Portfolio erst noch aufgebaut wird, können obige Angaben lediglich für die Investments offengelegt werden, die bereits während des Fundraisings und im Vorfeld zu einem (finalen) Closing stattgefunden haben.

Ob nach Art. 6 i.V.m Art. 5 Taxonomie auch in solchen Fällen offenzulegen ist, in denen noch keinerlei Investments stattgefunden haben, ist unklar. Aus dem Wortlaut der Verordnung selbst ist keine Pflicht abzuleiten, eine Aussage für künftige Investments zu inkludieren. Zu berücksichtigen ist aber, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden und die Europäische Kommission im vergangenen Jahr offene Fragen zur SFDR stets maximal konservativ und expansiv beantwortet haben. Dass dies für die Taxonomie anders sein wird, ist eher unwahrscheinlich, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Im Sinne einer vorsichtigen Auslegung dürfte daher auch ein kurzes Absichtsstatement aufzunehmen sein, welches ex ante die anvisierte Einordnung des Produkts unter die Kriterien der Taxonomie enthält.

Ebenfalls unklar ist, ob obige Informationen für sämtliche Investitionen eines Art. 8 Produkts offengelegt werden müssen. Angeknüpft wird in Art. 5 Taxonomie an eine Investition, „(…) die zu einem Umweltziel im Sinne des Artikels 2 Nummer 17 [der SFDR] beiträgt (…)“. Die Tatsache, dass der Beitrag zu einem Umweltziel wesentliches Merkmal einer nachhaltigen Investition ist, sowie der Verweis auf die entsprechende Definition in der SFDR legen nahe, dass Art. 5 Taxonomie nur für den Anteil eines Portfolios gilt, der nachhaltige Investitionen darstellt. Für den restlichen Teil des Portfolios ist lediglich ein Negativstatement aufzunehmen, wonach die dem Finanzprodukt zugrunde liegenden Investitionen nicht die EU-Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten berücksichtigen.

 

2. To Do‘s für Art. 6 SFDR Produkte 

Der Pflichtenkatalog eines Art. 6 SFDR Produktes (konventionelles Produkt) ist demgegenüber weitaus kürzer. Hier ist gemäß Art. 7 der Taxonomie nur das obige Negativstatement in vorvertraglichen Informationen und regelmäßigen Berichten zu veröffentlichen.

Bei lediglich gemäß § 2 Abs. 4 i.V.m § 44 KAGB registrierten Fondsmanagern geht der Verweis des Art. 7 Taxonomie auf Art. 6 Abs. 3 sowie Art. 11 Abs. 2 SFDR dabei streng genommen ins Leere. Denn die zitierten Vorschriften beinhalten die Festsetzung, in welchem konkreten Dokument einzelne Finanzmarktteilnehmer ihre Informationen offenlegen müssen, enthält aber keine Regelung für solche lediglich registrierten Fondsmanager. Allerdings dürfte Art. 7 Taxonomie im Lichte der Kommissionsentscheidung in solchen Fällen analog anzuwenden sein. Entsprechend dürfte auch mit der Tatsache umzugehen sein, dass die SFDR nach Art. 11 Abs. 1 SFDR schon im Grundsatz gar keine Berichtspflichten für konventionelle Produkte zu entnehmen sind.

 

3. Keine Anpassung der Offenlegungen auf der Webseiten

Die neuen RTS sollen auch dazu dienen, die Pflichten der Art. 5 und Art. 6 Taxonomie für Fondsmanager handhabbar zu machen. Diese beiden Artikel beziehen sich jedoch jeweils nur auf zwei von drei Offenlegungsmedien der SFDR: die vorvertraglichen Informationen sowie das Berichtswesen. Konsequenterweise ergeben sich daher aus den neuen RTS keine Modifizierungen für die Offenlegungen auf der Webseite. Die dortigen Veröffentlichungen können – so sie auf aktuellem Stand sind – zumindest vorerst unverändert bleiben.

 

4. Nicht-Beachtung der adverse impacts als Art. 9 SFDR Produkt

Daneben räumen die neuen RTS Fondsmanagern in einem anderen Bereich weitergehende Spielräume ein. Konkret betrifft dies Fondsmanager von Art. 9 SFDR Produkten, sogenannten Impact Fonds, die sich dadurch auszeichnen, dass sie nachhaltige Investitionen anstreben. Wie alle anderen Finanzmarktteilnehmer müssen auch diese Fondsmanager eine Erklärung dazu abgeben, ob sie sogenannte principal adverse impacts, also nachteilige Auswirkungen ihrer Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, berücksichtigen („PAI“ oder „PAI-Statement“). Bislang wurde im Markt vertreten, dass für Fondsmanager von Art. 9 SFDR Produkten faktisch keine Wahl bliebe: Denn eine Investition sei nur dann nachhaltig im Sinne der SFDR, wenn sie keine Ziele nach Art. 2 Abs. 17 SFDR erheblich beeinträchtigt. Dann müssten jedoch zwingend auch nachteilige Auswirkungen von Investitionen berücksichtigt werden.

Die neuen RTS legen nun in Art. 22 eine andere Lesart nahe: Danach kann auch im Zusammenhang mit einem Art. 9 SFDR Produkt angegeben werden, dass PAI nicht berücksichtigt werden. Praktisch relevant dürfte dies vor allem für solche Produkte sein, die ihren Schwerpunkt im sozialen Bereich sehen und daher als Art. 9 SFDR Produkte zu qualifizieren sind. Das PAI-Statement mitsamt den zu erhebenden, stark umweltbezogenen Indikatoren, anhand derer berichtet werden muss, dürfte oft kaum zu deren Zuschnitt passen. Künftig kann also in solchen Fällen auch offengelegt werden, keine PAI zu berücksichtigen.

Jenseits dessen haben das PAI-Statement wie auch die in den Regulatory Technical Standards vorgegebenen Indikatoren keine Änderungen erfahren. Nach der Verschiebung des Anwendungsbeginns der Regulatory Technical Standards gilt, dass der erste Referenzzeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2022 sein wird. Die erste Offenlegung hat am 30. Juni 2023 zu erfolgen.

 

5. Abgrenzung zwischen den Produktkategorien nach Art. 8 und  Art. 9 SFDR

Auch nach Veröffentlichung der neuen RTS bleibt offen, welche Auswirkungen es hat, wenn ein Produkt nach Art. 8 SFDR nachhaltige Investitionen tätigt oder ob es ab einem bestimmten Schwellenwert gar in die höhere Produkteinstufung „rutscht“, was wiederum erhöhte Offenlegungspflichten nach sich ziehen würde. Bestätigt ist durch die neuen RTS lediglich, dass Art. 8 SFDR Produkte grundsätzlich nachhaltige Investitionen vornehmen dürfen, was dann wiederum entsprechend offenzulegen ist.

Weiterhin unklar sind auch die Einzelheiten des umgekehrten Falls, also die Frage, in welchem genauen Aus-maß Art. 9 SFDR Produkte Investitionen tätigen können, die nicht die Anforderungen des Art. 2 Abs. 17 SFDR erfüllen. Aus der Kommissionsentscheidung ergibt sich, dass dies jedenfalls zu Hedging-Zwecken oder zur Er-haltung der Liquidität möglich ist. Unklar bleibt jedoch, ob es auch für geschlossene Spezial-AIF einen festen maximalen Schwellenwert gibt, wie er durch die BaFin in der Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen festgelegt wurde.

Daran schließt sich auch die Frage an, wie künftig mit einem Fonds umzugehen ist, der zwar nachhaltige Investitionen anstrebt, als Art. 9 SFDR Produkt qualifiziert und dies auch entsprechend in den vorvertraglichen Offen-legungen kommuniziert, schlussendlich aber nur oder zu großen Teilen nicht nachhaltige Investitionen tätigt. Da SFDR und Taxonomie auf Transparenz abzielen, ist auch in einem solchen Fall lediglich die Offenlegung bezüglich geplanter und tatsächlich verwirklichter Investitionen zwingend. Es dürften sich aber keine konkreten Handlungspflichten mit Blick auf eine bestimmte Portfoliokomposition ableiten lassen.




Ausblick

Festzuhalten bleibt, dass die neuen RTS zwar einige Änderungen der ESG-bezogenen Offenlegungen notwendig machen, allerdings keine grundsätzliche Überarbeitung sämtlicher Informationen vorzunehmen ist. Gleichzeitig werden mit Beginn des Geltungszeitraums der Taxonomie die Transparenz-Anforderungen für Fondsmanager weiter angehoben und erhalten durch das Ineinandergreifen von SFDR und Taxonomie einen erhöhten Komplexitätsgrad.

Verstärkt wird dies durch die Verschiebung der Anwendbarkeit der Regulatory Technical Standards, die zu einem Auseinanderfallen der Geltung von Verordnungen auf der einen und konkretisierenden Rechtsakten auf der anderen Seite führt.

Zuletzt sind die Anforderungen der Taxonomie weitaus technischer und kleinteiliger als die der SFDR. Langfristig wird es insofern für die meisten Fondsmanager unerlässlich sein, sich neben der juristischen Beratung zu grundsätzlichen Fragen und der Einordnung in das Regelungsregime auch Unterstützung für die technische Seite, Datenerhebung und -verarbeitung zu suchen.

 

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