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Aktualisierung des BaFin-Merkblatts zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz

Überraschend hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am 14.02.2023 eine überarbeitete Version des Merkblatts Hinweise zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG-Merblatt) veröffentlicht. Darin sind redaktionelle und inhaltliche Änderungen sowie Klarstellungen zu einer bisher nicht veröffentlichten Verwaltungspraxis vorgenommen worden. Nachfolgend werden die wesentlichen Änderungen zusammengefasst:

Zahlungsinstrument (ZAG-Merkblatt unter B. IV. 1.)

Entsprechend der gelebten Verwaltungspraxis stellt die BaFin nun mit Verweis auf die EuGH-Urteile EuGH, C-616/11 - T-Mobile Austria; C-287/19 - DenizBank klar, dass ein Zahlungsinstrument auch ein nicht personalisierter Verfahrensablauf sein kann, der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und der vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen.

Akquisitionsgeschäft (ZAG-Merkblatt unter B. IV. 2.)

Die BaFin stellt zudem hinsichtlich des Tatbestands Akquisitionsgeschäft klar, dass derjenige, der an der Kasse ein Kartenlesegerät aufstellt, um die Debitkarte als Zahlungsmittel für den Erwerb von Waren und Dienstleistungen akzeptieren zu können, lediglich als Akzeptant handelt. Diese Klarstellung hatte in der Vorversion des Merkblattes gefehlt.

Finanztransfergeschäft (ZAG-Merkblatt unter B. V.)

Die BaFin erkennt hinsichtlich der Einräumung einer Kontovollmacht nun an, dass ein Bevollmächtigter mit Zugriff auf fremde Konten, abhängig vom Umfang und der Reichweite der mit der Vollmacht erteilten Vertretungsmacht, kein Finanztransfergeschäft erbringt. Das Finanztransfergeschäft und damit die Lizenzpflicht wegen Erbringens von Zahlungsdiensten kann damit laut BaFin immer dann vermieden werden, wenn (1) die Vollmacht bedingungslos und jederzeit widerruflich ist; (2) die Verfügungsmacht des Vollmachtgebers über das Konto unbeschränkt bleibt; (3) die Vollmacht hinreichend konkret und abschließend die Dienstleistungen benennt, die mit dem Zahlungsvorgang in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen; (4) die Vollmacht bei aufsichtsrechtlich gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise kein allgemeines Bezahlverfahren etabliert und (5) die ins Auge gefasste Dienstleistung offenkundig nicht geldwäsche- oder terrorismusfinanzierungsrelevant ist. Damit grenzt die BaFin, dessen Tatbestand sie seit 2011 sehr uferlos hat werden lassen, – wenn auch nur sehr vorsichtig – erstmalig wieder unter Berücksichtigung des Schutzzwecks wieder ein. Abzuwarten bleibt, wie andere europäische Aufsichtsbehörden diesen Sachverhalt beurteilen.

Zahlungsauslösedienste (ZAG-Merkblatt unter B. VI.)

Neu ist ferner, dass die BaFin eine Begründung liefert, warum die kontoführenden Zahlungsdienstleister die Nutzung von Zahlungsauslösediensten nicht davon abhängig machen dürfen, dass die Zahlungsauslösedienste zu diesem Zweck einen Vertrag mit ihnen schließen, damit die etablierten Zahlungsdienstleister sich dem Wettbewerb durch neu in den Markt eintretenden Zahlungsauslösediensten öffnen. Durch diese explizite Klarstellung in der aktuellen Fassung des ZAG-Merkblatts stärkt die BaFin Zahlungsauslösedienstleister und den Wettbewerb.

Kontoinformationsdienst (ZAG-Merkblatt unter B. VII.)

Die BaFin schärft die Legaldefinition des Kontoinformationsdienstes aus § 1 Abs. 34 ZAG dahingehend, dass sie klarstellt, dass die bloße Bereitstellung der Kontoinformationen gegenüber dem Empfänger für sich genommen nicht den Tatbestand des Kontoinformationsdienstes erfüllt. Der Tatbestand des Kontoinformationsdienstes setze eine Zugriffsmöglichkeit auf die Zahlungsdaten des Kunden voraus.

Bereichsausnahme begrenzte Netze / begrenztes Produkt- oder Dienstleistungsspektrum (ZAG-Merkblatt unter C. X.)

Um für mehr Klarheit hinsichtlich der Auslegung und Anwendung der Bereichsausnahmen zu sorgen, verweist die BaFin zunächst auf die „Leitlinien über die Ausnahme für begrenzte Netze gemäß der PSD2“ der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA (European Banking Authority) vom 24. Februar 2022.

Hinsichtlich der Beurteilung, ob ein Unternehmen die Bereichsausnahme des limited network oder limited range in Anspruch nehmen darf, sind laut BaFin, nun neben den qualitativen Informationen auch quantitative Angaben zum Geschäftsmodell zu berücksichtigen. Dazu zähle die Größe des Netzes, die Anzahl der ausgegebenen Instrumente und die Höhe des Transaktionsvolumens.

Auf Basis der EBA-Leitlinien ergeben sich bezüglich der Bereichsausnahmen inhaltliche Neuerungen hinsichtlich der Bereichsausnahme „Hauskarte“. Daraus ergibt sich, dass solche Karten nicht für den Internetshop des Emittenten oder Drittanbieters verwendet werden kann. Dies folgt daraus, dass das wesentliche Tatbestandsmerkmal die Gebäudesituation ist. Daher wird für den Anwendungsfall der Bereichsausnahme ein physischer Geschäftsraum vorausgesetzt. Dies bedeutet, dass die Hauskarte auch bei shop-in-shops angewendet werden kann, allerdings nicht bei sogenannten shop next to shop, wobei sich verschiedene Läden zwar unter einem Dach bspw. in einem Einkaufszentrum befinden, es sich aber nicht um echte shop-in-shops handelt. Auch eine Verwendung solcher Karten im Internetshop führt dazu, dass die Bereichsausnahme nicht in Anspruch genommen kann.

Dementsprechend stellt die BaFin auch klar, dass die Bereichsausnahme nicht für Online-Marktplätze gilt, die nicht selbst Waren oder Dienstleistungen vertreiben, sondern auf deren Plattform andere Anbieter Waren oder Dienstleistungen anbieten.

Auch die Bereichsaufnahme „limited range“ können Betreiber von Online-Marktplätzen, die Vertragsschlüsse zwischen Verkäufern und Käufern lediglich vermitteln, nicht in Anspruch nehmen. Die Bereichsausnahme greift daher lediglich bei reinen Internetshops ohne physische Präsenz und bei Internetshops von Akzeptanzstellen.

E-Geld (ZAG-Merkblatt unter D. I.)

Die ergänzenden Ausführungen zu Kryptowerten sind systematisch fehlplatziert. Krypotwerte sind Finanzinstrumente i.S.d. § 1 Abs .11 Satz 1 Nr. 10, S. 4 und S. 5 KWG. Zu Finanzinstrumenten hat die BaFin allerdings ein eigenes Merkblatt veröffentlicht (BaFin, Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 Sätze 1 bis 5 KWG (Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel, sonstige Rechte, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Devisen, Rechnungseinheiten, Emissionszertifikate, Kryptowerte und Schwarmfinanzierungsinstrumente). Dort wird sogar explizit die gesetzliche Negativdefinition wiedergeben, dass E-Geld i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 3 ZAG kein Kryptowert ist. Die Schlussfolgerung, dass „Rechnungseinheiten und andere Kryptowerte ohne Weiteres als E-Geld i.S.d. ZAG zu qualifizieren“ sind, ist also schlicht unzutreffend. E-Geld ist dann gegeben, wenn dessen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Bitcoins als die prominenteste Kryptowährung sind zwar Rechnungseinheiten, aber kein E-Geld, weil es schon an einer Forderung gegenüber einem Emittenten fehlt. Das sah ausweislich anderer Veröffentlichungen auch die BaFin bislang so. In Hinblick auf die MiCAR dürften aber ohnehin bald weitere gesetzliche Änderungen notwendig werden.

Rabattsysteme

Geändert hat sich auch die die verschriftlichte Verwaltungspraxis zu Rabattsystemen. Einerseits statuiert die BaFin die eine Verschärfung der Verwaltungspraxis, indem sie Rabattsysteme, bei denen monetäre Werte (Punkte) gegen Zahlung eines Geldbetrages hinzugekauft werden, und solche bei denen Akzeptanzstellen vorhanden sind, die sich ausschließlich der Einlösung, nicht aber der Herausgabe der Werteinheiten widmen, als E-Geld qualifiziert. Anderseits können Rabattsysteme, die den Zukauf von monetären Werten zulassen, und bei denen ihrerseits als Zahlungsmittel einsetzbare Bonuspunkte ausschließlich bei einem Warenkauf oder bei der Bezahlung einer Dienstleistung anfallen, von der Bereichsausnahme des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG umfasst sein und damit unter diesen Voraussetzungen kein E-Geld darstellen. Insgesamt erscheint die BaFin hier die Möglichkeit des Zukaufs von Bonuspunkten in Rabattsystemen etwas zu vereinfachen.

Anzeigepflicht nach § 2 Abs. 2 ZAG (ZAG-Merkblatt unter G.)

Die BaFin hat ein neues Formular veröffentlicht, welches bei Erreichen der 1-Million-Euro-Schwelle für Neuanzeigen anzuwenden ist und an die im Merkblatt angegebenen Mailadresse zu übersenden. Das Verfahren bezüglich der Anzeigepflicht bei Erreichen der Schwelle wurde nach den Vorgaben der Leitlinien der EBA angepasst.

Fazit

Das Merkblatt wurde durch die BaFin überwiegend entsprechen der bereits gelebten Verwaltungspraxis aktualisiert und an manchen Stellen die Verwaltungspraxis nachjustiert. Dies ist im Sinne der Rechtsstaatlichkeit und der Rechtsklarheit zu begrüßen. Insbesondere Betreiber von Loyalty-Programmen, E-Geld-Emittenten und Nutzer der Bereichsausnahme für begrenzte Netze, bzw. eines begrenzten Produkt- und Dienstleistungsangebot sollten ihr Geschäftsmodell auf neue Geschäftsmöglichkeiten bzw. hinsichtlich einer Lizenzpflicht untersuchen.

 

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