Skip to content

Hintergrund

Die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (Verordnung (EU) 2019/2088, „SFDR“) verpflichtet Finanzmarktteilnehmer, einschließlich VC- und PE-Fondsmanager, bestimmte nachhaltigkeitsbezogene Informationen auf ihrer Webseite, in vorvertraglichen Dokumenten und in regelmäßigen Berichten offenzulegen. Bislang galt, dass diese Verpflichtungen nur für solche Investmentfonds gelten, die nach dem Inkrafttreten der SFDR am 10. März 2021 vertrieben wurden.

In einem Q&A-Statement der Europäischen Kommission („Kommission“) vom 25. Mai 2022 (Frage 6, Seite 6) vertrat die Kommission jedoch die Auffassung, dass der fonds- bzw. produktbezogene Teil der Webseiten-Offenlegungen und der regelmäßigen Berichte auch für „Altfonds“ gilt, d.h. für solche Investmentfonds, die vor dem 10. März 2021 ihr Final Closing hatten. Dementsprechend müssten solche Altfonds nun im Lichte der SFDR klassifiziert werden. Je nach Ergebnis müssen die Fonds, die unter Artikel 8 oder Artikel 9 der SFDR fallen, (siehe unten unter II.) bestimmte Informationen auf der Website und in den periodischen Berichten offenlegen.

Diese Auffassung kam für die meisten Marktteilnehmer überraschend. Nicht nur sind Sinn und Zweck einer solchen Offenlegungspflicht von Informationen über Altfonds, die nicht mehr aktiv vertrieben werden, schwer nachvollziehbar. Auch ist diese mit einem hohen Arbeitsaufwand für VC- und PE-Fondsmanager verbunden. Entsprechend war die erste Reaktion der Marktteilnehmer, abzuwarten und zu beobachten, ob und inwieweit die Kommission an dieser Auffassung festhalten würde. Während sich die Kommission bisher nicht weiter dazu geäußert hat, hat sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) in einer gesonderten Q&A vom 5. September 2022 (Frage 4) dieser Position nun angeschlossen – nicht ohne darauf hinzuweisen, dass die Auffassung der Kommission für die Marktteilnehmer überraschend sei.

Somit ist zwar die Auffassung der Kommission und der BaFin nach wie vor umstritten, gleichzeitig dürfte die abwartende Haltung keine Option mehr sein.

Welche Fonds sind betroffen? 

Die Verpflichtungen gelten nur für Fonds, die ökologische und/oder soziale Merkmale bewerben (Produkte nach Artikel 8 SFDR) oder nachhaltige Investitionen zum Ziel haben (Produkte nach Artikel 9 SFDR), d.h. nicht für Produkte nach Artikel 6 SFDR. 

Ob ein Fonds als Produkt nach Artikel 8 oder Artikel 9 SFDR zu qualifizieren ist, muss im Einzelfall beurteilt werden, da keine allgemeine Aussage ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände, insbesondere der Fondsdokumentation, getroffen werden kann. 

Als Faustregel gilt jedoch, dass ein Fonds typischerweise dann als Produkt nach Artikel 8 SFDR zu qualifizieren ist, wenn das Limited Partnership Agreement („LPA“) (verbindliche) Investitionsausschlüsse/-beschränkungen vorsieht. 

Schlussfolgerungen und empfohlenes Vorgehen

  1. Alle Altfonds müssen gemäß der SFDR qualifiziert werden, wofür die jeweilige Fondsdokumentation geprüft und ausgewertet werden muss. Für Altfonds, die seit mehr als zehn Jahren, also seit dem 10. März 2011, nicht mehr vertrieben wurden, reichen allgemeine Informationen aus. 

  2. Sofern erforderlich, müssen die entsprechenden nachhaltigkeitsbezogenen Informationen von den Portfoliounternehmen eingeholt werden. Wenn nur Investitionsausschlüsse im LPA festgelegt wurden, dürfte dies oft nicht relevant sein, da die Einhaltung der ausgeschlossenen Geschäftsaktivitäten durch die Portfoliounternehmen (meist) bekannt ist oder durch einen informellen Prozess leicht ermittelt werden kann. 

  3. Die erforderlichen Informationen müssen auf der Website des Fondsmanagers und in den periodischen Berichten offengelegt werden. Für die Darstellung in den regelmäßigen Berichten sind spezielle Vorlagen zu verwenden. Die Erstellung der regelmäßigen Berichte könnte sich insofern als schwierig gestalten, als dass keine vorvertraglichen SFDR-Offenlegungen vorliegen, die als Referenz für die regelmäßigen Berichte dienen. Daher könnte es ratsam sein, vorvertragliche SFDR-Offenlegungen für die Altfonds (ausschließlich für den internen Gebrauch) zu erstellen, um die Berichtspflichten leichter erfüllen zu können. 

Wir gehen davon aus, dass die meisten Altonds aufgrund von Investitionsausschlüssen im LPA unter Artikel 8 SFDR fallen werden. In diesem Fall beschränken sich die zu veröffentlichenden Informationen in erster Linie auf die Anlagestrategie des Fonds und darauf, ob und wie die Ausschlüsse des Fonds eingehalten wurden. 

Die BaFin hat zwar darauf hingewiesen, dass sie vor dem Hintergrund der eher überraschenden Auslegung der Kommission und der damit fehlenden Vorbereitung den damit verbundenen Zeitbedarf im Einzelfall bei ihrer aufsichtlichen Beurteilung angemessen berücksichtigen wird. Wir empfehlen jedoch, die vorgenannten Verpflichtungen schnellstmöglich umzusetzen. 

Wir werden über die weiteren Entwicklungen berichten und stehen für Fragen jederzeit zur Verfügung. 

 

Download YPOG Briefing

 

 

Über uns

YPOG ist eine Spezialkanzlei für Steuer- und Wirtschaftsrecht, die in den Kernbereichen Funds, Tax, Banking + Finance und Transactions tätig ist. Das Team von YPOG berät eine breite Vielfalt an Mandanten. Dazu gehören aufstrebende Technologieunternehmen und familiengeführte mittelständische Unternehmen genauso wie Konzerne und Private Equity-/Venture Capital Fonds. YPOG ist eine der führenden Adressen für Venture Capital, Private Equity und Fondsstrukturierung in Deutschland. Die Kanzlei und ihre Partner werden national und international von JUVE, Best Lawyers, Legal 500, Focus, Chambers and Partners sowie Leaders League geführt. Bei YPOG sind heute mehr als 120 erfahrene Rechtsanwält:innen, Steuerberater:innen, Tax Specialists sowie eine Notarin in drei Büros in Berlin, Hamburg und Köln tätig.