Heute hat der Bundestag das Zukunftsfinanzierungsgesetz verabschiedet und damit die Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Investmentvermögen auf sämtliche Alternative Investmentfonds (AIF) auf den Weg gebracht. Die Regelung tritt zum 1. Januar 2024 in Kraft, vorausgesetzt auch der Bundesrat stimmt dem Gesetz in seiner Sitzung am 24. November zu.
Die Umsatzsteuerbefreiung gilt dann für die Verwaltung aller Private-Equity-, Venture-Capital- oder Krypto-Fonds, ohne dass diese – wie bisher – mit offenen Publikumsfonds (OGAW) vergleichbar oder als „Wagniskapitalfonds“ einzustufen sein müssen.
Die Neuregelung beseitigt die aktuell bestehende Rechtsunsicherheit sowie das EU-rechtliche Risiko einer unerlaubten Beihilfe. Außerdem wird ein Level Playing Field mit anderen wichtigen Fondsstandorten geschaffen, wo die Umsatzsteuerbefreiung der Fondsverwaltung bereits lange etabliert ist (insbesondere Luxemburg, Frank-reich und Großbritannien).
Nachfolgend fassen wir die wichtigsten Änderungen der Neuregelung zusammen und weisen auf möglichen Handlungsbedarf hin.
1. Anwendungsbereich der Umsatzsteuerbefreiung ab dem 1. Januar 2024
Wie erwartet, wird durch die Neuregelung die Umsatzsteuerbefreiung auf die Verwaltung aller AIF im Sinne des § 1 Abs. 3 KAGB ausgeweitet. Damit wird die Verwaltung sämtlicher geschlossener Fonds unabhängig von der Art ihrer Investments umsatzsteuerbefreit sein. Unter die Befreiung fallen nunmehr insbesondere Private-Equity-, Venture-Capital-, Immobilien-, Infrastruktur- und Kryptofonds.
Für die Umsatzsteuerbefreiung kommt es nicht darauf an, ob die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) über eine sog. KAGB-Vollerlaubnis verfügt oder lediglich bei der BaFin als Sub-Threshold Manager („kleine“ KVG) registriert ist. Auch der EuVECA-Status der KVG bzw. der von ihr verwalteten Fonds ist für die Umsatzsteuerbefreiung unbeachtlich. Die Umsatzsteuerbefreiung erstreckt sich auf die gesamte „Verwaltung“ eines Fonds durch eine KVG. Unseres Erachtens umfasst die „Verwaltung“ – wie bisher – sämtliche Leistungen, die eine KVG gegenüber den von ihr verwalteten Fonds erbringt und die mit der sog. Management Fee abgegolten werden.
Die KVG hat die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Management Fee daher ab dem 1. Januar 2024 ohne Umsatzsteuer abzurechnen.
Auf die Steuerbefreiung ist in der Rechnung ausdrücklich hinzuweisen. Sofern – wie üblich – ein Nettobetrag vereinbart wurde („zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer“), darf dabei nur noch dieser Nettobetrag berechnet werden. Das beeinflusst regelmäßig auch die Höhe der Kapitalabrufe eines Fonds gegenüber seinen Investoren. Nur wenn ausnahmsweise eine Bruttobetragsabrede getroffen wurde, darf weiterhin der bisherige Betrag in Rechnung gestellt werden. Rechnet die KVG die Management Fee fälschlicherweise mit Umsatzsteuer ab, muss sie die ausgewiesene Umsatzsteuer zwingend an das Finanzamt abführen.
Soweit die Fondsverwaltung schon nach bisheriger Rechtslage von der Umsatzsteuerbefreiung erfasst war (beispielsweise die Verwaltung von „Wagniskapitalfonds“), ergeben sich durch die Neuregelung keine Änderungen. Weiterhin umsatzsteuerpflichtig bleibt hingegen die Verwaltung von Investitionsgesellschaften, die nicht als AIF qualifizieren (insbesondere Investmentclubs und Ein-Anleger-Fonds).
2. Relevante Folgen der Umsatzsteuerbefreiung
2.1. Eingeschränkter Vorsteuerabzug der KVG
Weil die KVG mit der Fondsverwaltung umsatzsteuerbefreite Ausgangsleistungen erbringen wird, ist ihre Vorsteuerabzugsberechtigung für die von ihr bezogenen Eingangsleistungen insoweit ausgeschlossen. Betroffen ist der Vorsteuerabzug bei allen Leistungen (insbesondere Dienst- oder Beratungsleistungen), die unmittelbar gegenüber der KVG und nicht gegenüber dem Fonds erbracht werden und deren Entgelt insofern nicht als „Fund Expense“ qualifiziert. Das betrifft etwa Rechts- und Steuerberatungskosten, sonstige Beraterhonorare (etwa für Venture Partner), Reisekosten und andere Aufwendungen für umsatzsteuerpflichtige Lieferungen und Leistungen, die nicht vom Fonds getragen werden. Die auf diese Eingangsleistungen erhobene Umsatzsteuer wird der KVG zukünftig nicht mehr vom Finanzamt erstattet. Es besteht keine Möglichkeit, zur Umsatzsteuerpflicht der Fondsverwaltung zu optieren und auf diese Weise Vorsteuerschäden bei der KVG abzuwenden. Bei angeschafften und längerfristig genutzten Wirtschaftsgütern kann zudem eine Pflicht zur (nachträglichen) Vorsteuerberichtigung entstehen.
Die KVG sollte ihre zukünftig eingeschränkte Vorsteuerabzugsberechtigung prüfen und bei ihrer Finanzplanung berücksichtigen.
2.2. Insbesondere: Mietvertragliche Schadensersatzpflicht oder Mieterhöhung möglich
Die Umsatzsteuerbefreiung kann bei einer KVG als Mieterin von Gewerberäumen im Einzelfall mietvertragliche Schadensersatzpflichten auslösen. Das betrifft Fälle, in denen der Vermieter zur Umsatzsteuerpflicht der Vermietung optiert und sich die KVG verpflichtet hat, die von ihr gemieteten Räumlichkeiten nur für Umsätze zu verwenden, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Erbringt die KVG in diesem Fall umsatzsteuerbefreite Ausgangsleistungen (wie zukünftig im Fall der umsatzsteuerbefreiten Fondsverwaltung), verliert der Vermieter infolgedessen seine Vorsteuerabzugsberechtigung. Bei entsprechender mietvertraglicher Vereinbarung ist die KVG als Mieter dem Vermieter verschuldensunabhängig zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch den Verlust der Vorsteuerabzugsberechtigung des Vermieters entsteht. Dieser „Vorsteuerschaden“ des Vermieters kann die Umsatzsteuer auf die Miete erheblich übersteigen. Zum Teil regeln Mietverträge auch eine pauschale Mieterhöhung für den Fall, dass der Mieter – wie künftig – umsatzsteuerbefreite Ausgangsleistungen erbringt.
Ist eine KVG Partei eines Mietvertrags, sollten umgehend etwaige Informations- sowie Schadensersatzpflichten der KVG gegenüber dem Vermieter geprüft werden.
Vor Aufnahme von Verhandlungen mit dem Vermieter und einer ggf. in Betracht zu ziehenden außerordentlichen Kündigung bzw. Aufhebung oder Anpassung des Mietvertrags sollte dabei aber stets in den Blick genommen werden, ob dem Vermieter überhaupt ein Vorsteuerschaden entsteht (häufig ausgeschlossen bei Altbauten), ob die vereinbarte Klausel im konkreten Fall die Situation einer Gesetzesänderung überhaupt erfasst (oder die Klausel vielmehr eine Änderung des Verhaltens des Mieters erfordert) und ob die Klausel wirksam vereinbart wurde.
Selbst ohne entsprechende mietvertragliche Regelung kann ein gesetzlicher Vertragsanpassungsanspruch des Vermieters für den Verlust seiner Vorsteuerabzugsberechtigung bestehen. Dies ist eine Frage der mietvertraglichen Regelungen im Einzelfall.
2.3. Umsatzsteuerbefreiung auch bei Auslagerung von Verwaltungsleistungen möglich
Die Umsatzsteuerbefreiung der Verwaltung eines AIF kann sich auch auf die Auslagerung von Verwaltungsleistungen durch die KVG auf eine andere Gesellschaft oder natürliche Person erstrecken (Auslagerungsfall). Die Umsatzsteuerbefreiung der Auslagerung setzt nach der Rechtsprechung des EuGH voraus, dass die ausgelagerte Leistung ein „im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes“ bildet und für die Verwaltung von Investmentvermögen „spezifisch und wesentlich“ ist.
Letzteres ist stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu würdigen: Zwar sollte der Anlageberater im klassischen sog. Berater-Modell hiervon erfasst sein, bei anderen „(Anlage-)Beratern“ oder Fondsadministratoren dürfte es jedoch stets auf die konkrete Tätigkeit ankommen. Greift die Umsatzsteuerbefreiung nicht und handelt es sich um Kosten, die die KVG trägt, erhöht sich die Kostenbelastung der KVG um die Umsatzsteuer, da ein Vorsteuerabzug wie zuvor erläutert ausgeschlossen bleibt.
Die Umsatzsteuerbefreiung im Auslagerungsfall ist möglich, unterliegt allerdings besonderen Anforderungen, deren Vorliegen stets im Einzelfall zu prüfen ist.
2.4. Umsatzsteuerliche Behandlung von Equalization Payments
Sofern ein Investor einem Fonds nachträglich beitritt und rückwirkend eine Ausgleichszahlung für die zuvor angefallene Management Fee erbringen muss (sog. Equalization bei weiteren Closings des Fonds), stellt sich die Frage nach der umsatzsteuerlichen Behandlung der Equalization. Auch wenn der Zahlungszeitpunkt nach dem 1. Januar 2024 liegt, kann sich die Equalization auf einen Zeitraum beziehen, in dem die Fondsverwaltung noch umsatzsteuerpflichtig war.
Die umsatzsteuerlichen Folgen der Equalization sollten unter Berücksichtigung der einschlägigen LPA-Regelungen des Fonds einzelfallabhängig geprüft werden.
3. Ausblick und Zusammenfassung
Die Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung auf die Verwaltung aller AIF steigert die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Fondsstandort im europäischen Vergleich und ist daher uneingeschränkt zu begrüßen. Gleichwohl kann die Umsatzsteuerbefreiung im Einzelfall auch nachteilige Konsequenzen haben. Jedenfalls sollten sich Fondsmanager zeitnah auf die nun verabschiedete Neuregelung einstellen und konkret
- die Finanzplanung ihrer KVG aufgrund des eingeschränkten Vorsteuerabzugs überprüfen;
- womöglich Prozesse anpassen (etwa bei der Berechnung künftiger Kapitalabrufe des Fonds oder bei der Abrechnung der Management Fee gegenüber dem Fonds);
- möglichen weiteren Prüfungs- oder Handlungsbedarf identifizieren (etwa in Auslagerungsfällen oder aufgrund mietvertraglicher Regelungen).
Download YPOG Briefing: Bundestag beschließt Umsatzsteuerbefreiung für alle Alternativen Investmentfonds