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Umsatzsteuerbefreiung für alle Alternativen Investmentfonds – Gesetzentwurf der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat am 16. August 2023 den Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes verabschiedet. Der Entwurf sieht insbesondere eine Ausweitung der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Fonds auf sämtliche Alternativen Investmentfonds vor. Die bisher nur für offene Publikumsfonds (OGAW) und für sogenannte Wagniskapitalfonds geltende Regelung soll damit auf alle Venture Capital, Private Equity und Crypto Fonds ausgeweitet werden. 

Ein wichtiger Schritt zur Angleichung der Wettbewerbsbedingungen

Anders als in den wichtigsten Wettbewerber-Ländern (insbesondere Luxemburg, Frankreich und Großbritannien), ist die Verwaltung von Private Equity und Venture Capital Fonds bisher nur im Ausnahmefall von der Umsatzsteuer befreit. Die aktuelle Befreiung gilt nur für sogenannte Wagniskapitalfonds. Eine gesetzliche Definition fehlte und ein im vergangenen Jahr veröffentlichtes BMF-Schreiben  schien mehr Fragen aufzuwerfen als es beantwortete. Ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit verblieb.

Nach dem nun von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf soll künftig die Verwaltung aller Alternativen Investmentfonds umsatzsteuerfrei sein. Das umfasst sämtliche Private Equity, Venture Capital und Crypto Fonds, unabhängig davon, ob der Fondsmanager eine Volllizenz hat, ein sogenannter Sub-Threshold Manager oder nach der EuVECA-Verordnung registriert ist.

Der Gesetzentwurf ist sehr zu begrüßen und beseitigt einen wesentlichen Nachteil des Fondsstandorts Deutschland. Zu hoffen ist nun, dass das Gesetz zeitnah und unverändert im parlamentarischen Verfahren verabschiedet wird.

 

Was bedeutet die Neuregelung für laufende Fonds?

Die Umsatzsteuerbefreiung tritt nach Verabschiedung des Gesetzes durch Bundestag und Bundesrat für alle Umsätze ab dem 1. Januar 2024 in Kraft. Eine Übergangsregelung für die Verwaltung bereits laufender und nun erstmals unter die Umsatzsteuerbefreiung fallender Fonds ist nicht vorgesehen.

Die Verwaltung von Alternativen Investmentfonds unterliegt danach generell nicht mehr der Umsatzsteuer. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft darf deshalb die (gesellschafts-)vertraglich vereinbarte Management Fee ohne Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Auf die Steuerbefreiung ist in der Rechnung ausdrücklich hinzuweisen (vgl. § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 8 UStG). Sofern – wie üblich – ein Nettobetrag vereinbart wurde („zzgl. etwaig geschuldeter Umsatzsteuer“), darf dabei nur noch dieser Nettobetrag berechnet werden. Nur wenn ausnahmsweise eine Bruttobetragsabrede getroffen wurde, darf weiterhin der bisherige Betrag in Rechnung gestellt werden. In diesem Fall darf die Kapitalverwaltungsgesellschaft jedoch keine Umsatzsteuer mehr ausweisen, um nicht aufgrund des unberechtigten Steuerausweises Umsatzsteuer zu schulden (vgl. § 14c Abs. 2 UStG).

Weitere unmittelbare Folge der Umsatzsteuerbefreiung ist, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft spiegelbildlich ihre Vorsteuerabzugsberechtigung verliert, soweit sie nun umsatzsteuerfreie (Ausgangs-)Leistungen erbringt (§ 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG). Da Kapitalverwaltungsgesellschaften (insbesondere im sog. Sub-Threshold-Bereich) typischerweise keine weiteren (umsatzsteuerpflichtigen) Leistungen erbringen, dürfte der Vorsteuerabzug im Ergebnis oftmals vollständig ausgeschlossen sein. Dies dürfte in der Praxis insbesondere sämtliche umsatzsteuerpflichtige Beratungs- und Dienstleistungen zugunsten der Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst betreffen, die nicht als Fund Expenses durch den Fonds getragen werden (etwa allgemeine oder im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung stehende Rechts-/Steuerberatungskosten, das Honorar anderer Berater, einschließlich ggf. Venture Advisor oder Venture Partner, Reisekosten, outgesourcte Dienstleistungen). Kapitalverwaltungsgesellschaften sollten den Wegfall des Vorsteuerabzugs bei ihrer Finanzplanung berücksichtigen.

Dabei ist auch zu beachten, dass die Umsatzsteuerbefreiung nach der Rechtsprechung des EuGH nur dann auf Anlageberater der Kapitalverwaltungsgesellschaft und outgesourcte Dienstleistungen zu erstrecken ist, wenn die erbrachte Leistung ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bildet und für die Verwaltung von Investmentvermögen spezifisch und wesentlich ist. Letzteres ist stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu würdigen: Zwar sollte der Anlageberater im klassischen sog. Berater-Modell hiervon erfasst sein, bei anderen „(Anlage-)Beratern“ oder den Fondsadministratoren dürfte es jedoch stets auf die konkrete Tätigkeit ankommen. Für von der Kapitalverwaltungsgesellschaft angeschaffte Wirtschaftsgüter, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, ist zudem ggf. eine (anteilige) Vorsteuerberichtigung vorzunehmen (§ 15a UStG), soweit die erstmalige Verwendung noch nicht länger als 5 Jahre (bei Immobilien: 10 Jahre) zurückliegt.

Zusätzlich sollten Kapitalverwaltungsgesellschaften ihre Mietverträge überprüfen und ggf. tätig werden: Gewerberaummietverträge enthalten regelmäßig Klauseln, wonach der Mieter (hier also die Kapitalverwaltungsgesellschaft) nicht berechtigt ist, die gemieteten Büroräume für Umsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug ausschließen, da hierdurch auch die Option des Vermieters zur Umsatzsteuerpflicht ausgeschlossen würde (vgl. § 9 Abs. 2 S. 1 UStG). Ohne die wirksame Ausübung dieser Option wäre der Vermieter selbst nicht bzw. nur eingeschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Mietverträge sehen insofern oftmals einen (verschuldensunabhängigen) Schadensersatz- bzw. Ausgleichsanspruch des Vermieters vor. Kapitalverwaltungsgesellschaften, die ihre Büroräume anmieten, könnten sich daher nicht unerheblichen Forderungen seitens ihrer Vermieter ausgesetzt sehen. Dieser „Vorsteuerschaden“ des Vermieters kann die Umsatzsteuer auf die Miete um ein Vielfaches übersteigen (insbesondere sofern es sich um einen Neubau oder aufwendig renovierte Räume handelt). Die insofern bestehenden Risiken sollten umgehend abgeklärt und ggf. erforderliche Schritte eingeleitet werden.

Vor Aufnahme der Verhandlungen mit dem Vermieter und einer ggf. in Betracht zu ziehenden außerordentlichen Kündigung bzw. Aufhebung oder Anpassung des Mietvertrags sollte dabei aber stets geprüft werden, ob die vereinbarte Klausel im konkreten Fall die Situation einer Gesetzesänderung überhaupt erfasst (oder die Klausel vielmehr eine Änderung des Verhaltens des Mieters erfordert) und, ob die Klausel wirksam vereinbart wurde.

Selbst bei Fehlen einer mietvertraglichen Regelung ist jedoch zu beachten, dass sich ein entsprechender Anspruch des Vermieters auf Ausgleich seiner vollen umsatzsteuerlichen Mehrbelastung auch aus der wenig bekannten Regelung des § 29 UStG ergeben könnte, die nach verbreiteter Auffassung auch im Fall der Einführung einer Umsatzsteuerbefreiung Anwendung finden soll. Hier wäre zu prüfen, ob sich im Mietvertrag ggf. Anhaltspunkte dafür finden, dass ein solcher gesetzlicher Anspruch ausgeschlossen werden sollte. Schließlich mag es im Einzelfall möglich sein, die mietvertraglichen Folgeprobleme durch eine Umstrukturierung der Leistungsbeziehungen innerhalb der Unternehmensgruppe zu vermeiden.

 

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